JMStV – (K)Ein Grund zur Panik auf den Webseiten?

Ein neues Gesetz, das ab 1.1.2011, inkraft treten soll, verbreitete in dieser Woche Panik und Verunsicherung. Vor allem die Bloggerscene hat teilweise schon drastische Konsequenzen gezogen oder zumindest angekündigt. Aber was ist denn dieses JMStV überhaupt? Wer ist davon betroffen und ist wirklich alles so dramatisch, wie es von einigen behauptet wird? Im Rahmen des Webmaster Friday wird dieses Gesetz jetzt zum Thema und dürfte die unterschiedlichsten Einschätzungen und Erwartungennzu Tage führen. Auch ich hab aufgrund der ersten, sehr emotionalen Berichte, einen leichten Schreck bekommen und mich ein wenig in die Materie eingelesen. Was ich dabei herausgefunden habe und welche Konsequenzen, welches Fazit ich daraus ziehe, das möchte ich mit diesem Artikel beschreiben.

Was ist JMStV und von wem kommt es?

Ausgeschrieben heißt es Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Ein Staatvertrag hat Gesetzescharakter und dementsprechend auch rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung. Ich möchte an dieser Stelle gar nicht detailliert auf den Staatsvertrag eingehen. Wer hierzu mehr lesen möchte, dem empfehle ich diese Seite.
Wichtig ist an dieser Stelle, das es alle diejenigen betrifft, die Inhalte im Internet zur Verfügung stellen, also auch uns Blogger. Wir sollen ab dem kommenden Jahr den gesamten Blog oder bei Bedarf auch einzelne Inhalte klassifizieren und dann mit technischen Mitteln, die es noch gar nicht gibt, kenntlich machen. Bis hierhin sehe ich noch keine wirklichen Probleme. Die „technischen Mittel“ werden letztlich nur ein kleiner Code sein, den man in den Header seiner Webseite einfügt und den dann entsprechende Programme auf den Rechnern der Leser auslesen und verarbeiten. So werden zum Beispiel Inhalte ab 16 oder 18 nicht angezeigt, wenn sie über die lokale Software blockiert wird.

Wie geht die Klassifizierung vonstatten?

Die größte Schwierigkeit sehe ich persönlich in der Klassifizierung. Diese kann man entweder selber vornehmen oder eine ofizielle Stelle, die von der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) anerkannt wurde. Für private Blogs soll dies kostenlos sein. Für Gewerbetreibende, und das sind nicht wenige, natürlich nicht.
Da bleibt für die meisten sicher nur die Selbsteinschätzung und gerade die birgt große Gefahren.
Wie die AK-Zensur in einem Experiement ermittelte, lagen 80% in ihrer Einschätzung falsch.

Was passiert bei einer Falscheinschätzung?

Eine falsche Kennzeichnung ist eine Ordnungswidrigkeit und kann eine Sperrung des gesamten Angebots zur Folge haben. Auch Bußgelder bis zu 500.000 EUR sind möglich. Eine Summe, die jeden Normalsterblichen ruinieren würde.

Viel größere Sorgen macht mir aber der Jugendschutzbeauftragte, der ab 2011 namentlich mit Anschrift und Kontaktdaten im Impressum stehen muß. Die Regelungen dafür sind mal wieder sehr schwammig und schon die Frage, ob ein Angebot gewerblich ist, ist schwer zu beantworten, da Banner und Co ja eine Einnahme darstellen.
Laut Staatsvertrag §7 brauchen Anbieter unter 50 Mitarbeiter und weniger als 10 Mio Zugriffe im Monatsmittel keinen Jugendschutzbeauftragten bestellen, wenn sie sich einer Freiwilligen Selbstkontrolle anschließen. Das ist doch sicher auch wieder nicht kostenlos möglich und sprengt den finanziellen Rahmen von so manchem Blogger.
Ignoriert man diese Forderung, so kann es, mal von Konflikten mit dem Gesetz abgesehen, zu Abmahnungen kommen, die den einen oder anderem Blogger ruinieren. Die ersten Anwälte sitzen da sicherlich schon in den Startlöchern.

Insgesamt gesehen hat sich gar nicht so viel geändert. Aber das bischen, was sich geändert hat, bringt schon genug Verunsicherung.
Wie heißt es in der ERGO Werbung doch so schön? Könnt ihr nicht endlich mal aufhören uns zu verunsichern?

Momentan wird nur zum Abwarten geraten, da das Gesetz zum einen noch nicht komplett ratifiziert wurde und zum anderen noch viele Bereiche, wie die technische Umsetzung, ungeklärt sind und auch sicher Anfang 2011 noch unklar bleiben.
Aber der Bereich des Jugendschutzbeauftragten verlangt sofort zu Jahresbeginn eine entsprechende Handlung. In Zahlen bedeutet das, das jeder kleine Blog mit ein paar Werbeeinnahmen Mitglied der FSM werden muß und den Mindestbeitrag von 4000 EUR zahlen muß.
Da kann ich gut verstehen, das der eine oder andere Blog jetzt schon aufgibt. Sollte das im Januar wirklich so sein, dann muß ich gezwungenermaßen meine Internetaktivitäten auch komplett einstellen, da ich diese Beträge nicht erwirtschafte.

Aber da im Grunde jeder etwas anderes erzählt und alles anders interpretiert, warte ich einfach ab. Da dieses Thema soviele Personen betrifft, werden sicher noch offizielle Kommentare folgen, die etwas mehr Licht ins Dunkel bringen.

6 Kommentare zu „JMStV – (K)Ein Grund zur Panik auf den Webseiten?“

  1. H

    Ich bin im Moment auch ziemlich verunsichert, allerdings blicke ich langsam mehr durch. In zwei Punkten kann ich dich vielleicht ergänzen bzw. widersprechen:

    1. Die Alterseinschätzung kann auch durch den Jugendschutzbeauftragten erfolgen und der ist dann natürlich auch dafür verantwortlich, wenn er falsch liegt.

    2. Ein Jugendschutzbeauftragter ist nicht teuer (hab einen für knapp 10 Euro im Monat) – das sollte eine gewerbliche Webseite aufbringen können. Die 4.000 Euro für die FSM als Alternative sind allerdings wirklich fern jeder Vernunft.

    Viele Grüße

    Ela

  2. 10 EUR ist doch ein sehr geringer Preis. Damit ist das größte Problem ja schon beseitigt. In der Kennzeichnung ansich seh ich nicht so das riesen Problem. Für normale Blogs hat das gar keine Bedeutung. Wenn man sich unsicher ist, dann kennzeichnet man einfach gar nicht und wird damit schlimmstenfalls auf dem einen oder anderen Rechner blockiert. Wobei ich ehrlich gesagt nicht daran glaube, das sich sonderlich viele Leute zusätzliche Programme installieren, um Seiten zu blockieren. Wer das will, der macht das jetzt auch schon. Gibt doch genug Kindersicherungen, sowohl als Software, als auch als Hardware im Router.
    Mich würde mal interessieren, wer für dich den Jugendschutzbeauftragten für 10 EUR macht? Immerhin steht der ja für deine Texte im Zweifelsfall gerade 😉

  3. Die Kennzeichnung erfolgt über einen Code im Header. Auch das ist also nicht das Problem. Ich habs mir mit dem JSB ganz einfach gemacht. Gegoogelt, auf jugendschutzbeauftragte.net gelandet und gar nicht lange gefackelt. Hab in der Anmeldung ein, zwei „kritische“ Artikel angegeben, die wurden dann überprüft, bewertet und ich hab Hinweise bekommen, was ich mit denen machen sollte (waren Rezensionen für Filme ab 18, da sollten die Trailer raus, dann wars okay). Also wie gesagt – ich blicke das ganze System auch noch nicht. Aber jetzt habe ich immerhin einen bezahlten Anwalt an meiner Seite, den ich laut Vertrag ausdrücklich mit allen noch so dummen Fragen löchern darf.

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